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Text: Andreas Hauser Illustration: Constanze Moll

STIFT

Die Bezeichnung des Gebräuchlichsten beruht eigentlich auf einem Irrtum – der „Bleistift“ hatte nie etwas mit Blei zu tun, vielmehr glaubte man im 16. Jahrhundert, das weiche – in dünne Stifte geschnitten und zwischen Holzteile gelegt – Schreibmaterial sei Bleierz. Als Ende des 18. Jahrhunderts Wilhelm Scheele das vermeintliche „Bleierz“ als Graphit identifizierte, war es mit dem Namen schon getan und Nürnberg Zentrum der Bleiweißsteftmacher. Auch heute noch produzieren die vier Nürnberger Firmen Faber-Castell, Lyra, Staedtler und Schwan-Stabilo über drei Milliarden Stück im Jahr.

STIFTE

Doch der Bleistift war nur der Anfang dieser Geschichte, es folgten Abdeck-, Bunt-, Filz-, Lippen- und andere Stifte, gar sprichwörtlich wurde der Rotstift. Ein anderer männlicher Stift hat mit diesen Stiften nichts am Hut, er war als Lehrling halt der kleinste Stift im Betrieb. Und dann wär da noch das Neutrum-Stift, eine – meist durch Schenkung – mit Grund ausgestattete Kirche.

STIFTEN

Zu stiften gibt‘s eigentlich viel. War‘s früher ein Krankenhaus oder eine Kirche, stiftet man heutzutage im Kleinformat: Bücher oder alte Kleidung für gemeinnützige Zwecke, Preis für Wettkämpfe oder Tombolas. Zeitlos hingegen ist das immaterielle Stiften: Sei‘s positiv wie Frieden, Sinn oder Nutzen, sei‘s negativ wie Verwirrung, Unruhe oder Unheil. Gerade bei Letzterem empfiehlt es sich, die Stiftung wörtlich zu nehmen und ehebaldigst stiften zu gehen.

STIFTER

Herzog Rudolf machte es vor: Er gründete im Jahr 1365 die Universität Wien, spendierte der Stadt ein eigenes Domkapitel und ließ die Stephanskirche ausbauen. Zum Dank ging er – obwohl schon 26-jährig verstorben – als Rudolf der Stifter in die Geschichte ein. Als nachnämlicher Stifter schrieb sich ein anderer Österreicher, nämlich Adalbert, ein Denkmal. Einen Eintrag ins Geschichtsbuch hätte sich der Biedermeier-Literat aber auch als Gourmand verdient – zu Tisch ging‘s sechsmal am Tag, das zweite Frühstück konnte durchaus ein Schnitzerl mit Erdäpfelsalat sein.

STIFTERL

Österreich wäre nicht Österreich, würde es seine alkoholischen Genüsse und Gebräuche nicht kleinreden. Da passt zum Schnapserl, Achterl und Vierterl das Stifterl wie die Faust aufs Aug bzw. wie der Wein ins Flascherl. In den 1950er Jahren von der AUA beim Weingut Stift Klosterneuburg für die First Class in Auftrag gegeben, trat die 0,375-Liter-Flasche – von den Passagieren weinselig-liebevoll „Stifterl“ genannt – in kürzester Zeit ihren Siegesflug an.

STIFTUNG

Und dann wäre da noch die Stiftung. Ein Stifter erinnert sich – kurz bevor er ins Stift stiften geht, nachdem er finanzielles Unheil gestiftet hat und somit höchstpersönlich dem Rotstift zum Opfer gefallen ist – an seine Zeit als Stift und setzt bei einem Stifterl mit einem Stift seine Unterschrift auf eine Stiftungsurkunde, auf dem steht, dass Geld für Stifte gestiftet wird. [AH]