Klassische Werbung verliert ihre Wirkung. Content Marketing und Corporate Publishing könnten Wege aus der Krise sein.

Etwa zwei Drittel der Menschen schalten um, gehen zum Kühlschrank oder auf die Toilette, wenn Fernsehwerbung kommt“, so die Bilanz von Andreas Baetzgen, Herausgeber von Brand Content (brandeins Agenturen). Die Werbebranche reagiert darauf, indem sie den Fokus von den Unternehmen auf die spezifischen Interessen und Bedürfnisse der Zielgruppe richtet.

CONTENT MARKETING

Content Marketing nennt sich diese Strategie, die nicht werbliche, sondern informative und unterhaltsame Inhalte in den Fokus rückt. Wenn eine Marke über sich selbst spricht, weckt das kaum noch Interesse, doch jeder liebt gute Geschichten. Sie können fesseln, bieten Raum zur Identifikation und unterhalten. In der Zukunft wird es für Unternehmen immer wichtiger werden, als Storyteller zu agieren. Wie Content im direkten Austausch mit den Kunden entstehen kann, zeigt z.B. die Kampagne „Nutella-Stories“: Zum 50. Jubiläum ladet die Marke ihre KundInnen dazu ein, ihre ganz persönliche „Nutella-Story“ als Foto, Video, Zeichnung oder kurzen Text auf der Website zu teilen. So entsteht eine bunt gemischte Seite, die nur indirekt für Nutella wirbt und dabei den direkten Bezug zur Zielgruppe herstellt.

Die Wege, Content zu schaffen und zu vermitteln, sind vielfältig. Zwei grundlegende Voraussetzungen müssen dabei aber immer erfüllt werden: Relevanz und Qualität. Die Erfahrungen in einer von Werbebotschaften beherrschten Welt bringt Skepsis und Sättigung mit sich. Menschen haben gelernt, direkte Werbeformen auszublenden. Gleichzeitig entsteht auch die Angst, von Werbetreibenden ungeahnt manipuliert zu werden. Gerade deshalb kommt es beim Content Marketing auf relevante Inhalte an, die in qualitativ hochwertiger „Verpackung“ an den/die KundIn gebracht werden. Nicht ohne Grund entstehen immer mehr Kundenmagazine, die sehr aufwendig produziert werden. Außerdem wird das, was als relevant erachtet wird, mit größerer Wahrscheinlichkeit weiter verwendet und verbreitet.

Für Agenturen bedeutet dieser Wandel neue Ansprüche: Ziel ist nicht die Bewerbung eines bestimmten Produkts über einen begrenzten Zeitraum, sondern die Vermittlung fesselnder, bestens aufbearbeiteter Inhalte, die regelmäßiges und längerfristiges Engagement voraussetzen. Im Moment weist vieles darauf hin, dass diese Kompetenzen auch in Zukunft immer stärker gefragt sein werden:

„Content Marketing ist deshalb mehr als ein kurzfristiger Hype. Dafür spricht auch, dass immer mehr Firmen ihre Marketingbudgets von der reinen Werbung in Richtung Content Marketing und eigener Publikationen verschieben. Für 2014 zeigt eine Studie des amerikanischen Content Marketing Institute, dass 58 Prozent der Marketingverantwortlichen von B2B-Unternehmen in den USA ihr Content-Marketing-Budget erhöhen wollen. Bei B2C-Unternehmen sind es sogar 60 Prozent“, so Christoph Rösch im Magazin „INHALT“.

CORPORATE PUBLISHING

Corporate Publishing ist Content Marketing par excellence. Über Medien wie Kundenmagazine, Fan-Blogs oder Mitarbeiterzeitungen generieren Unternehmen Inhalte, die lose mit der Marke oder dem Produkt verbunden sind, ohne sich dabei mit direkten Werbetexten aufzudrängen.

Corporate Publishing ist die Reaktion auf eine veränderte Kommunikation. Selbst Geschäftsberichte werden inzwischen zur integrierten Berichterstattung funktionalisiert. Dabei ersetzt Content Marketing in keinem Fall die klassische Werbung. Vielmehr ergänzt sie diese und verschafft der eigentlichen Werbebotschaft wieder etwas mehr Gehör.

In der Jubiläumsausgabe des „CP-Monitor“ ist man sich in einem Punkt einig: Corporate Publishing wird gegenüber anderen Kommunikationsformen weiter auf dem Vormarsch bleiben und wird weiterhin vertriebsunterstützend eingesetzt werden, wobei die Online-Umsetzung immer wichtiger werden wird.

CROSSMEDIALE LÖSUNGEN

Die Stärkung des Online-Bereichs bedeutet jedoch keine Rückgang der Printversionen von Corporate Publishing-Projekten. Der Trend geht vielmehr hin zu crossmedialen Lösungen, die mit bildgetriebener Ästhetik kommunizieren. Print vs. Online ist deshalb keine entweder-oder Entscheidung. Beides ergänzt einander – Interviews werden etwa als Videos oder Podcasts angegeben, Hintergrundinfos zu Magazin-Themen werden online diskutiert oder Blogs interagieren mit der Printversion. Den Möglichkeiten sind hier kaum Grenzen gesetzt.

Die Entwicklung einer Online-Version eines Magazins ist dabei ein komplexes Unterfangen. Das größte Problem, vor dem EntwicklerInnen derzeit stehen, ist die Frage nach den Endgeräten, deren Vielfalt nur schwer mit der geschnittenen Printausgabe in Bezug zu bringen ist. Gleichbleibende Inhalte in ein variables und mehrspaltiges Layout zu bringen, das auf verschiedenen Screens benutzerfreundlich und handhabbar bleibt, ist eine enorme Herausforderung. Die Frage, ob Touch- oder Scrollmedien verwendet werden wirkt sich beispielsweise unmittelbar auf den Aufbau und die Usability von Online-Magazinen aus. Darüber hinaus müssen beide Versionen, Print und Online, in einen Bezug gebracht werden und Interaktionsmöglichkeiten bieten - ob es nun die Weiterführung zu Quellen, die Kommunikation in Sozialen Netzwerken oder die Bereitstellung von Videos ist.

Welche Endgeräte in Zukunft verwendet werden ist nur schwer abzuschätzen. Die Tendenz zu größeren Screens bei Smartphones, die Anfänge der SmartWatch - die neuesten Entwicklungen werden die Möglichkeiten noch einmal erweitern und die Ansprüche an EntwicklerInnen damit noch größer machen. Darum braucht es übergreifende Technologien und Strategien, die genau auf diese

Aspekte eingehen und die spezifischen Anforderungen berücksichtigen.

Eines kann jedoch mit ziemlicher Sicherheit festgehalten werden: Content Marketing und Corporate Publishing werden sich in der Zukunft noch stärker zu zentralen Schlagwörtern der Werbebranche entwickeln. [AS]

„Content Marketing ist deshalb mehr als ein kurzfristiger Hype.”
Christoph Rösch, „INHALT“
89 %
der Unternehmen im deutschsprachigen Raum betreiben Content Marketing
430.000 €
geben sie dafür
durchschnittlich aus.
Das sind in Summe
5.800.000.000 €
pro Jahr
Quelle: Basisstudie IV, durchgeführt von zehnvier im Auftrag des Forum Corporate Publishing, München 2014, Grafik: KULTIG



„Der Begriff Corporate Publishing (CP) […] bezeichnet die journalistische und periodische Unternehmenskommunikation mit eigenen Medien. Dabei ist die Art der Medien zunächst unerheblich. […] Marketingfachleute sprechen dem Corporate Publishing hohe Bedeutung bei der Pflege von Image und Marke zu. Bei fast allen großen Unternehmen, aber auch zunehmend im Mittelstand, sind Unternehmensmedien ein wichtiges Teil­element im Rahmen einer integrierten Kommunikation, auch zur internen Markenführung. Dabei gilt: Je professioneller die Medien gemacht sind, umso stärker und glaubwürdiger wirken sie.“